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Frau Komisch hat mich zum Nachdenken gebracht,
weil auch ich oft damit ringe, wie ich mein Erleben als ADHS lerin
neurotypischen Menschen verständlich machen kann… ????
Dazu ist mir jetzt eine Art Formel eingefallen:
1) Neurotypisch > 1 störender Reiz (z.B. grelles Licht)
wird kurzzeitig wahrgenommen und kann meist toleriert werden
2) AD(H)S > 1 störender Reiz
wird dauerhaft wahrgenommen (kann nicht ausgeblendet und toleriert werden)
in der Intensität multipliziert mit 100 (das ist individuell vielleicht verschieden)
+ viele andere Reize, vielleicht noch mehr störende (Gerüche, Geräusche, zwickende
Kleidung etc.etc.) > Reizfilterschwäche
= Überforderung bis hin zu Unerträglichkeit!!!
Lässt sich das nachweisen? JA! Mit EEG/Neurofeedback:Gehirnscans lässt sich nachweisen, wann und wie lange und wie stark jeweilige Hirnbereiche aktiv sind. Hinzu kommt nachweislich erhöhtes Erregungslevel, Muskelanspannung etc. etc.
Und mir ist auch ein Bild eingefallen, wie ich vielleicht die Qual von Hyperaktivität/Impulsivität für (empathische) Neurotypische nachfühlbar machen könnte:
Man nehme einen spielfreudigen Hind, lasse ihn brav „Sitz“ machen
Und dann halte man ihm einen Ball hin, deute immer wieder Wurfbewegungen an…
Das verursacht sehr starke Impulse für den Hund loszuspringen,
gleichzeitig kommt jedesmal das scharfe Kommando: „Sitz“ oder „Bleib“….
So fühle ich mich verdammt oft in sozialen Situationen….
Oft qualvoll…..
marie und Coco gefällt dieser Beitrag
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Liebes Eichhörnchen, danke für den Beitrag! Tatsächlich hatte ich selbst darüber nachgedacht, genau so einen Beitrag zu veröffentlichen, aber im Moment hatte es mich überfordert. Deshalb umso mehr danke!
Und das Bild mit dem Hund finde ich sehr ansprechend, damit kann ich echt was anfangen. (Ob damit neurotypische Menschen allerdings was anfangen können? ;-)) (Ich fühle das Gefühl nahezu beim Lesen deiner Zeilen!)
Ich bin gespannt, ob noch andere was dazu schreiben.
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Ich finde den Beitrag auch gut, aber reizfilterschwäche sind das leitsymptom diverser Pathologien.
Das, was ADS unterscheidet ist die geringere Durchblutung des frontalhirns, besonders im Bereich des präfrontalen Cortex.
Da aber auch jeder ads eine andere Varianz in der störung hat, finde ich es schwierig dazu die eine Formel zu finden.
Ich erkläre es ganz gerne anhand einer Kurve. Die neurotypischen sind die Mitte...optimal aktiviert, um zu lernen. Adsler sind oftmals da drunter, woraus dann diverse symptomkomplexe entstehen. Die meisten verstehen es dann und verstehen auch warum Stimulantien oftmals eine gute Idee sind.
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Zu deinem Beitrag Kattikatz:
Ja, Reizfilterschwäche gibt es auch bei anderen neurodiversen Störbildern.
Aber eben auch bei AD(H)S.
Und da ich mich in meinem Eingangsbeitrag darauf beziehe, wie sich (störende) Reize bei neurotypischen Menschen und im Unterschied dazu bei Menschen mit AD(H)S auswirken,
gehört natürlich das Erwähnen der Reizfilterschwäche dazu!
Dein Kurvenmodell benutzt meine Therapeutin auch oft.
Allerdings ist es nicht geeignet, einem neurotypischen Menschen verständlich zu machen,
wie stark und intensiv (Stör)Reize von Menschen mit AD(H)S wahrgenommen werden.
Mir geht es um das verständliche sinnliche (!) Nachvollziehenkönnens,
wo eigentlich der tatsächliche (nicht eingebildete) Unterschied liegt in der Reizwahrnehmung und -Verarbeitung von neurotypischen und neurodivergenten Menschen.
Mir geht es nicht so sehr um rationale Erklärung,
sondern um fühlbare Nachvollziehbarkeit.
Zum Beispiel wurde das in einem Film sehr gut dargestellt,
in dem die Hauptfigur autistisch ist. In mehreren Szenen wird die Reizüberflutung sehr anschaulich dargestellt. Indem Lichter wie Diskolichter aufblitzen, alle Umgebungsgeräusche gleichzeitig sehr laut eingespielt werden und gleichzeitig kreist die Kamera immer um sein Gesicht und man kann sehen,
wie extrem stark er gerade überflutet wird und wie qualvoll es für ihn ist.
Das sollten selbst (empathische) Neurotypische Menschen nachvollziehen können!
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Nun...mit dem kurvenmodell kann man auch sehr gut die reizfilterschwäche erklären. Das zu viel an reizen durch überregulation.
Ich erkläre meinem Umfeld regelmäßig neurodiversität. Oftmals wird interessiert zugehört...ich erkläre die Ursache, wodurch mein Gegenüber meist überträgt. Dadurch entsteht Verständnis.
Ich möchte deine Sicht gar nicht mindern oder dein Vorgehen. Eher einfach nur meine Erfahrungen teilen. Viele assoziieren ads halt einfach mit mangelnder konzentrationsfähigkeit, weswegen ich den Weg über das aktivierungsniveau gehe.
Wie gesagt...es war kein Angriff...ich habe mich auch eher auf die Überschrift bezogen, deswegen tut es mir leid, Falls dies nicht gewünscht war.
Ich habe auch eine erhöhte sensorische erregbarkeit. Da aber viele Menschen in ihren Sinnen total abgestumpft sind, fällt es ihnen schwer nachzuvollziehen, dass das ultrschallgerät oder der saugroboter meine Erzfeinde sind. Bei der Aktivierung kennt jederzeit varianzen in irgendeiner Form.
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Ah sorry...habe jetzt verstanden, worauf du eigentlich hinaus möchtest. Tut mir leid...hab das gelesene falsch interpretiert.
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Ist schon so eine Sache mit der Sprache….
Ich gebe mir immer solche Mühe, mich verständlich zu machen.
Ringe um die richtigen Worte, die bestmöglichen Formulierungen…
und trotzdem bin ich nie klar und deutlich genug.
Aber gut, im Austausch kann dann ja „nachgebessert“ werden
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Das war jetzt eher eine Frage der Interpretation als deines ausdruckes. Deswegen fühl dich gedrückt.
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Ja in Foren ist es noch schwieriger. Kein Unterton. Keine Reaktion an Körpersprache des gegenüber.
Woran man vielleicht merken könnte. Hat mein gegenüber das anders verstanden als ich es meinte?
Ist schon nicht leicht.
Und Wir geben uns hier schon Mühe.
Aus "Sosialmedia " ist das ganz schlimm.
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Aber zum Thema gerade bei dem Thema reizüberflutung ist es schwierig.
Für mich ist zb Auto fahren die Hölle...besonders mit sommerreifen. Wenn ich davon erzähle, bekomme ich immer nur Mitleid. Ich finde, dass das Thema der Sensorik bei Neurodiversität immer nur negativ verknüpft wird. Wollen wir ein Verständnis erzeugen, dann müssen wir uns unsere bunte Seite zeigen. Die Vorteile unserer Sensorik.
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Ich denke oft über diesen Thread nach und schreibe nun als Antwort vor allem, dass ich nicht in den Vergleich mit neurotypische Menschen gehe, weil ich ja nicht weiß, wie diese Menschen denken und empfinden.
Und wenn jemand sagt: "Ich kann das doch auch", antworte ich "Aha, ich aber nicht, auch wenn ich mich anstrenge, nicht" Und (da ich mich schnell angegriffen fühle) füge ich gelegentlich hinzu: "Alle meine sogenannten 'Auffälligkeiten' sind durch mich willentlich nicht änderbar, weil ich ein ADHS-Gehirn habe."
Ende der Durchsage. Ich gehe nicht mehr in Diskussion.
Auch jetzt im Moment (schon nur vom Hindenken) werde ich aggressiv und will mich abwenden.
In 100 % wohlwollenden Situationen mit anderen ADHSlern gelingen oft Beschreibungen, was wir als 'ADHS-typisch' an uns wahrnehmen, bei mir sind es zB die kurze Aufmerksamkeitsspanne, anderen ins Wort zu fallen, ohne Ende zu reden, in der Gaststätte darum zu bitten, die Musik auszumachen, naja, solche Sachen halt, auf die man selbst gut achtet, damit es einem gut geht.
Da ich mich momentan schon wieder überfordert fühle, einen guten Beitrag zu schreiben, bitte ich euch hier weiterzulesen. Dieser kurzgefasste Beitrag "ADHS = Störung der Selbstregulation und der Impulskontrolle" kann vielleicht zum Erklären hilfreich sein.
edit, nachdem ich nun entspannt liege, möchte ich etwas für mich typisches noch ergänzen: dass ich iwas nicht leisten kann, zu sagen, habe ich mir vor längerem schon angewöhnt, um aus situationen rauszukommen, die mir in dem moment zu anstrengend sind. dem anderen reicht mein 'ich bin grad nicht in der lage, zu überfordert, zu müde ...' um mich in ruhe zu lassen. ich jedoch erkenne die ursachen dahinter meist ganz genau und die sind im selbstfürsorge- bereich angesiedelt. für mich ist es wichtiger geworden, selbst mein tun zu verstehen und anzunehmen, als dass andere dies tun .
Büsi-x und Eichhörnchen gefällt dieser Beitrag
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Danke für den Link zum ADHS Institut!
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